Droht nächste Bausünde im Altortgebiet?

September 2019:

In der Beatrixgasse 1 gegenüber der Spitalskirche sollen ein Stadthaus und sieben Wohnungen errichtet werden. Und das, obwohl es sich um "Erhaltungswürdiges Altortgebiet" handelt. Ein derartiger monströser Zubau verändert die Front - Einfriedung samt Tor und Skulpturen - nachhaltig und führt erneut zu massiver Bodenversiegelung. - Wie war das nochmals mit dem Klimaschutzmanifest?

 

Übrigens: Trotz des Ausbaus sind nur sieben Stellplätze vorgesehen. Eingedenk des Bauvorhabens in der Beatrixgasse 5 - 14 Wohnungen mit nur 8 Stellplätzen - stellt sich die Frage, wo dann geparkt wird.

 

Das Projekt wurde unverständlicher Weise von einem externen Gutachter geprüft und von unserem Bürgermeister bewilligt. Wir Gemeinderäte erfahren natürlich immer noch nichts und werden vor vollendete Tatsachen gestellt.  Früher einmal wurden alle Bauansuchen im Bauausschuss behandelt, heute passiert das im stillen Kämmerlein.

 

Auf das Problem der mangelnden Stellplätze angesprochen erklärte unser Bauamtsleiter, dass nur vier Wohnungen neu dazu kämen und daher sieben Stellplätze ausreichend seien. Dem widerspricht die Tatsache, dass lediglich die Wohnung über der Bank bleiben soll.

 

Die NÖ-Bauordnung hält in § 63 dazu fest:

Herstellung von Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge sowie Ein- und Ausfahrten

(1) Wird ein Bauwerk gemäß Z 1 bis 7 errichtet, vergrößert oder dessen Verwendungszweck geändert oder die Anzahl von Wohnungen erhöht, sind dem voraussichtlichen Bedarf entsprechend Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge herzustellen. Die Mindestanzahl der Stellplätze ist mit Verordnung der Landesregierung festzulegen.

 

In den Bebauungsvorschriften der Marktgemeide Perchtoldsdorf kann man diesbezüglich nachlesen:

§ 3 Z 4: Die Anzahl der zu errichtenden Stellplätze für PKW wird für Wohngebäude mit 2 Stellplätzen pro Wohneinheit ab der zweiten Wohneinheit festgelegt.

 

Derzeit befinden sich auf dem Grundstück vier Gebäude. Was ein Gebäude ist, das normiert § 4 der NÖ-Bauordnung:

 

Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens 2 Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen, wobei alle statisch miteinander verbundenen Bauteile als ein Gebäude gelten.

 

Da im vorliegenden Fall die Gebäude nicht statisch miteinander verbunden sind, handelt es sich eindeutig um vier Einzelgebäude und nicht um ein Wohnhaus mit vier Wohnungen. Drei davon werden zur Gänze abgerissen. Es wird somit das Gebäude, welches die Bank und eine Wohnung beinhaltet, vergrößert und ein Zubau mit sieben Wohneinheiten gemacht, wofür die volle Anzahl an Pflichtstellplätzen vorzuschreiben wäre, nämlich 13 (!). Die drei Gebäude mit je einer Wohneinheit, die abgerissen werden, können nicht zur Berechnung der Pflichtstellplätze herangezogen werden.

 

Wirklich schlimm ist zudem, dass gegenständliches Projekt im "Erhaltungswürdigen Altortgebiet" liegt. Dazu heißt es in § 4 Z 6 der Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Perchtoldsdorf:

Mauern: Festungs-, Stadt- und Einfriedungsmauern, die Teil eines charakteristischen Ensembles sind, müssen je nach technischen Möglichkeiten in ihrer Art (Dimension, Oberflächenstruktur, Naturstein, Putz usw) erhalten bleiben und bei Renovierungen, Zu- oder Umbauten in ihren ursprünglichen Zustand gebracht werden.

 

Hier wird die Einfriedungsmauer zur Gänze entfernt, samt dem vermutlich schützenswerten Eingangstor mit den Statuen. Das Büro Knoll Consult/Schmid, das gerade Erhebungen zum Ortsbildschutz macht, hat hier Ensembleschutz vorgeschlagen (Plan dazu liegt am Bauamt). Auch wenn dieses Projekt vor den Bausperren eingereicht wurde, hätte aufgrund unserer Bebauungsbestimmungen für das "Erhaltungswürdige Altortgebiet" dieser Abriss nicht bewilligt werden dürfen.

 

Eine aufsichtsbehörliche Überprüfung hinsichtlich der Anzahl der Pflichtstellplätze und hinsichtlich der Anwendung der Bebauungsvorschrift "Erhaltungswürdiges Altortgebiet" wurde von uns veranlasst.